• Schriftzug Marienschule

Schulchronik

Im Fleuthkurier vom Winter 2008 schreibt Herbert van Stephoudt (Pressewart der Stadt Geldern):

Die Marienschule in Kapellen

Fragt man die Bewohner einer noch überschaubar großen Ortschaft, warum sie so gern in „ihrem“ Dorf leben, so lässt sich die überwiegende Zahl der Antworten auf vier Worte reduzieren: Man kennt sich hier.Tatsächlich bedeutet das Schwätzchen über den Gartenzaun, der gemeinsam erlebte Gottesdienst, die spontane Begegnung beim Einkauf, das Treffen mit Freunden in der Stammkneipe oder auch der Besuch von großen Dorffesten von Kirmes bis Karneval vor allem eines: Lebensqualität. Man kennt sich, man schätzt sich, man hilft sich – das Leben kann schön sein im Dorf.

Dazu gehört auch der Austausch von Erfahrungen. So sieht man Mütter oder Väter vor dem Kindergarten oder der Schule plaudern. Und dabei geht es nicht nur um das vergangene Wochenende: Die Aufgaben der Kinder sind das Thema, die Noten, Stimmungen und dann und wann auch die Lehrer. Wie wird in anderen Familien übertriebener Fernsehkonsum gedrosselt? Ist ein Computer schon in der Grundschule sinnvoll? Endlos viele Fragen, denn Schule verbindet. Schule, das ist ein ungeheuer wichtiger Schnittpunkt im Dorf.

Die Zeit, in der Kindergarten und örtliche Schule durchlaufen werden, schweißt Familien zusammen. Auch hier wird eine Basis geschaffen für ein gedeihliches Miteinander. In Kapellen ist das nicht anders. Ohne die Schule würde ein wichtiger Faktor im Ortsleben fehlen. Daher nehmen alle Anteil am Geschehen um die Schule.Wenn es je eines Beweises bedurft hätte:

Der Aufschrei, nachdem Diebe einen Teil des Inhalts der Martinstüten aus der Schule gestohlen hatten – er hätte lauter kaum sein können. Das macht man nicht. Wer bestiehlt die eigene Schule? Die Empörung war groß. Gottlob – es gibt sie schon lange und es wird sie hoffentlich noch sehr lange geben: Kapellens Marienschule.

Ein markanter Punkt in der schmucken Ortschaft an der Fleuth, in der das Ehrenamt seit langem dicke Ausrufezeichen setzt. Die Frage ist schon fast überflüssig, wo eigentlich die jährlich stattfindende Dorfreinigungsaktion ehrenamtlicher Kräfte startet: An der Marienschule natürlich. Sie ist den Kapellenern schon lange vertraut.

Und dennoch – die Politik hatte sich zunächst schwer getan. Nicht weniger als 50 Jahre mussten die Pläne in der Schublade der Amtsstuben schmoren. Immer wieder ans Tageslicht geholt und letztlich mit der stets gleichen Begründung wieder hinein gelegt: Es fehlte das Geld. Doch die Politik gab sich einen Ruck.

Anlässlich der feierlichen Einsegnung am 16. Dezember 1954 formulierte Bürgermeister Kanders: „Es ist dem Gemeinderat nicht leichtgefallen, der Kapellener Bürgerschaft dieses finanzielle Opfer aufzuerlegen. Aber für diesen mutigen Entschluss gebührt dem Rat Dank und Anerkennung!“

Am 4. August 1953 schritt man zum ersten Spatenstich und schon rund 16 Monate später wurde die neue Volksschule „Am Steeg“ eingeweiht. Im Gedenken an das „Marianische Jahr“ beschloss der Gemeinderat, die Schule solle den Namen „Marienschule“ tragen.

Es sollte ein großer Tag für Kapellen werden, jener 16. Dezember 1954. Ein Donnerstag übrigens, den die Dorfgemeinschaft mit einem Gottesdienst begann. Danach machte sich eine Prozession auf den Weg zur neuen Schule, die für die Teilnehmer allmählich im dichten Nebel sichtbar wurde. Der Architekt, Dipl. Ing. Glitz, übergab den Schlüssel an Bürgermeister Kanders und stellte stolz fest: „Die Kinder erhalten eine moderne Schule, die von Licht durchflutet ist.“ Bürgermeister Kanders, der den Schlüssel an Hauptlehrer Winter weiterreichte, erntete ebenfalls viel Zustimmung. Vor allem wegen des Farbkonzeptes der Marienschule. Alle Klassenräume präsentierten sich in anderen Wandfarben. Das war modern. Das gab es sonst noch nirgendwo.

Kreisschulrat van Treeck schließlich wurde für die moderne Innenausstattung gelobt, für deren Kauf er sich stark gemacht hatte und Oberregierungsrat Giesen attestierte der Gemeinde Kapellen, mit Opfersinn Großes erreicht zu haben.

Domherr Thamm gratulierte für die Schwesternschaft St. Bernardin und Landrat Bösken schließlich fand markige Worte: Die Schulverhältnisse in Kapellen seien katastrophal gewesen. Jetzt aber habe man eine der schönsten Schulen. Aber das nütze nichts, wenn die Kinder nicht im richtigen Geist zu kernigen, christlichen Menschen erzogen würden.Anschließend wandelten Gäste, Eltern und Schulkinder durch das neue Gebäude und zeigten sich begeistert.

Die Marienschule nahm ihren Betrieb auf und am 25. März 1955 wurden 10 Knaben und 16 Mädchen aus der Schule entlassen. Der erste Entlassjahrgang der neuen Schule, die in der Folge immer mehr Schüler unterrichtete. Ab Ostern 1959 musste eine sechste Klasse eingerichtet werden. Die Schülerzahl war auf 219 gestiegen. Bis 1962 kletterte die Schülerzahl auf 253 und die Prognosen sagten weiteres Wachstum voraus. Die Marienschule war zu klein geworden.

Bereits nach den Osterferien 1963 nahm man einen Erweiterungsbau in Betrieb. Später kam auch noch eine Turnhalle hinzu. Mittlerweile unterrichteten sieben Lehrkräfte in Kapellen.Der Beginn des Schuljahres 1968/1969 brachte Veränderung. Durch die Einführung der Hauptschulen wurde die Marienschule zur Grundschule. Die vier Jahrgänge wurden von 132 Schülerinnen und Schülern besucht.

Vom 1. Juli 1969 an gehört Kapellen zur neuen Stadt Geldern. Vom Schuljahr 1969/1970 an setzen Kapellener Hauptschüler ihre Schullaufbahn in Geldern fort.

Einen denkwürdigen Termin erlebte die Marienschule am 30. September 1989: Das Gelderner Erdgasnetz wurde in Kapellen geschlossen. Die Gelderner Stadtwerke feierten dies auf dem Schulhof der Marienschule. Durch weitere technische Änderungen, Brandschutzmaßnahmen und die Neugestaltung des Schulhofes bleibt der Marienschule immer ein gutes Niveau erhalten. Bis zum heutigen Tag. Und so ist die Marienschule nicht nur beim St. Martinszug weiterhin ein markanter Punkt in der schmucken Ortschaft an der Fleuth.